Am Ende meiner Straße
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Da ist das Café Noir
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Man sagt, dass das vor Jahren mal
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Ein alter Bahnhof war
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Am Eingang sitzt Napoleon
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Und lallt: «Die Welt ist mein!»
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Er schnorrt 'ne Zigarette, es darf auch Kleingeld sein
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Sonst schimpft er wie ein Rohrspatz und lispelt sonderbar:
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'S ist geschlossene Gesellschaft heute Nacht im Café Noir
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Philosophen und Poeten
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Die niemand sonst versteht
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Und all die, die nie wissen
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Wie es morgen weitergeht
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Sie rauchen, reden, trinken
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Hier an der langen Bar
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Sind Heilige Halunken hier im alten Café Noir
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Der eine vierteilt Bierdeckel nur mit 'nem Fingertwist
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Sein Bild war in der Zeitung, dort galt er als vermisst
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Und hier an meiner Schulter
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Lehnt ein ewiger Student
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Der sagt, er hätt heut absichtlich
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Sein Staatsexamen verpennt
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Er musste sich entscheiden
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Will lieber Spieler sein
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Er setzt auf eine Karte
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Gewinnt, und lädt uns ein
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Er trinkt auf Paragraphen, und auf die, die sie verdrehen
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Und auf 'ne goldene Zukunft, ihr werdet es schon sehen!
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Und da hinten dieser Vogel
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Der tanzt für Schnaps und Geld
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Sieht aus wie Charlie Manson
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Der pfeift auf diese Welt
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Und da kommt Pater Jakob
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Er teilt mit ihm sein Bier
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Und ruft: «Im Himmel gibt es keins
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Da bleib ich lieber hier.»
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Ah, das sind Gespenster, längst Teil vom Inventar
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Sie rasseln mit den Ketten wie der Geist des Café Noirs
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Und Romeo sitzt einsam
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Vor seinem sechsten Bier
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Er weiß, die schöne Julia
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Hat Spätschicht bis halb vier
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Er glaubt, er wäre Shakespeare
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Und er schreibt ihr ein Sonett
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Sie nimmt es an wie Rosen
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Und sagt: «Du bist wirklich nett.»
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Doch hat sie’s nie gelesen, denn sie liebt nur Captain Flint
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Oder auch kräftige Matrosen, die hier gestrandet sind
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Selbst Bob, der alte Riese
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Sitzt hier rücklings an der Bar
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Und spielt so unermüdlich
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Die Mundharmonika
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Und allen, die ihm sagen
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Wie angetan sie sind
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Entgegnet er gelangweilt
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Geh raus, erzähl's dem Wind!
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Als wir noch in den Sternen lagen, war er schon längst da
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Und bastelte die Jukebox hier im alten Café Noir
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Jetzt steh ich hier und singe
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Und finde keine Ruh
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Ich seh Gesichter, die verschwimmen
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Dann bist da plötzlich Du!
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Na komm schon, setz dich zu uns
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Und tu Dir bloß nicht leid
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Wir sind nicht wirklich böse
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Wir töten nur die Zeit
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Wir stellen auch keine Fragen, wir sind nur einfach da
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Und für einander Zuflucht hier im alten Café Noir |