Da steigen zwei hoch in die steinerne Wand
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Überm Abgrund gehen sie den steilen Pfad
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Verlassen den sicheren Unterstand
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Auf schimmerndem Eis, auf dem schroffen Grat
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Aufeinander von Kindheit an eingeschwor’n steigen
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Sie sicher und ohne ein Zögern bergan
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In der eisigen, dünnen Luft, sie schweigen —
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Wie oft haben sie das gemeinsam getan!
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Dem Gipfel entgegen ohne ein Seil
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Zwischen beiden gespannt ist ein Lebensband:
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Am Berg ist der eine des anderen Teil
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Zwei Brüder, der eine des and’ren Hand
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Und unten im Lager steh’n stumm vor den Zelten
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Ratlos die Gefährten und starren gebannt
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Zu den zwei winz’gen Punkten in den eisigen Welten
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Und die Ferngläser fliegen von Hand zu Hand
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Hatten sie nicht gestern gemeinsam beschlossen
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Mit dem Aufstieg zu warten, wenn der Himmel aufreißt?
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Doch wer hat die rote Leuchtkugel verschossen
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Die den beiden dort oben Schlechtwetter verheißt?
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Da war das verabredete Lichtsignal
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Das ankündigt, daß das Wetter umschlägt!
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Gleißend, feuerrot schießt es auf aus dem Tal —
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Alles Für alles Wider ist längst abgewägt
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Also müssen sie heut noch den Gipfel erreichen
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Durch beißende Kälte, durch bitterste Qual
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Jetzt warten, das hieße die Fahne streichen
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Absteigen und scheitern, bleibt da eine Wahl?
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Mit keuchendem Atem, die Glieder wie Blei
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Höhenkrank, wie im Wahn: Nur noch ein Gletscherfeld
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Noch ein Eisüberhang, ein letzter Grat und die zwei
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Fall’n sich stumm in den Arm auf dem Dach der Welt!
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Zu Tode erschöpft, den Gipfel bezwungen!
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Stille, Zeitlupe, Rückblende: Zwei kleine Jungen
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Zieh’n die Handschuhe aus, geben sich die Hand
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Wie als Kinder, wie nach ihrer ersten Wand
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Ein Handschuh fällt auf das ewige Eis
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Sie türmen Steine darauf: Der bleibt hier als Beweis!
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So krönt ein Steinmann ihr Lebenswerk
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Auf dem Nanga Parbat, dem Nackten Berg!
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Das Abendrot am Firmament verrät
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Eine sternklare Nacht, schnell bricht sie herein
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Es ist spät für den Abstieg — ist es zu spät?
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Eh es dunkel wird müssen sie weit tiefer sein!
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Auf dem Aufstiegsweg zurück? |
Kein Gedanke!
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Zu schwer für die Erschöpften, unbegehbar bei Nacht
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Es bleibt nur die Flucht durch die Diamirflanke
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Und die Hoffnung, daß sie nach Westen abflacht
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Die Angst kommt und lähmende Lethargie
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Das Verhängnis wird ihnen Schritt für Schritt klar
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Ausgehungert und ausgedörrt irren sie
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In die Ungewißheit, in die sich’re Gefahr
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Jetzt gilt nur, sich irgendwie abwärts zu tasten
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Der einzige Ausweg ist der Weg voraus
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In der feindlichen Höhe nicht ausruh’n, nicht rasten
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Nur noch irgendwie aus der Todeszone heraus!
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Oder einfach nur in die Dunkelheit fallen
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Und liegen bleiben, sich einfach nicht rühr'n
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Der Atem sinkt nieder in Eiskristallen
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In Wimpern und Brau’n, nur die Kälte nicht spür'n!
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Da steigen zwei auf in die steinerne Wand
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Und einer kehrt heim, hat die Füße erfror’n
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Vom Schnee blind die Augen, das Gesicht ist verbrannt
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Hat in der Lawine den Bruder verlor’n
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Zwei haben den Gipfel der Gipfel erklommen
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Den höchsten Triumph und die höchste Qual
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Nur einer alleine ist wiedergekommen
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Verzweifelt, gebrochen im tiefsten Tal
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Da kommt einer heim aus der steinernen Wand
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Ein Schatten nur von jenem anderen Teil
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Der im Dunkel im ewigen Eis verschwand
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Und wird er je gesund, wird er doch nie mehr heil |