| Es ist mitten in der Nacht, ich werde plötzlich wach
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| Hey, was ist das für ein nächtlicher Krach im Dach?
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| Was ist das für ein Gekratze, was ist das für ein Gescharr‘ da?
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| Ich nehm die Taschenlampe und das Nudelholz
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| Robbe durch das Dachgebälk bis ran an das Gebolz
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| Da steht er vor mir und ich lieg vor Schrecken starr da:
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| Er bäumt sich auf im grellen Taschenlampenschein
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| Zeigt mir die Krallen und zwei blanke Äugelein
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| «Ey Alter, bleib ganz cool», sagt er, «ich bin ein Marder
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| Und grad dabei, in deinen Dachstuhl einzuzieh‘n
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| Mit meinen Kindern Kevin, Sandro und Jacqueline
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| Malte, Melanie und meiner lieben Frau Ricarda
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| Du hast so‘n schönes warmes Dach auf deinem Haus
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| Und überall hängst du den großen Tierfreund raus
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| Jetzt kannst du allen zeigen: Du bist wirklich einer!
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| Und die Statistik hat es messerscharf erkannt:
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| Es kommt auf 1000 Einwohner in diesem Land
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| Ein Marder, tja, und ich bin nun mal deiner
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| Wir haben uns dich extra ausgesucht
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| Bewußt Winterquartier bei dir gebucht
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| Wir sind ab heut bis Ende Februar da
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| Und denk daran, wir sind dir schutzbefohl‘n —
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| Und nicht den Kammerjäger hol‘n!
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| Du bist mein Mensch und ich ab jetzt dein Marder!
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| Paß auf mich auf, Mensch, als Marder hab ich‘s tierisch schwer:
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| So ziemlich die ganze Menschheit ist hinter mir her
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| Und alle Autofahrer, weil ich mich an ihre Heiligtümer wage. |
| Ich sage:
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| Mal ein Benzinschlauch, auch schon mal ein Kabelbaum, ein Traum
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| Von einem Draht in einem schönen, warmen Motorraum
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| Aber ich frage dich, was ist denn schon ein Keilriemen, den ich durchnage
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| Gegen Euch mit eurem CO2-Ausstoß?
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| Hör mal, wer von uns macht denn hier das Ozonloch groß?
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| Wer ist der wahre Schädling von uns, wer stellt hier die wirkliche Gefahr dar?
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| Wer verpestet hier die Luft und welcher Schuft verteert den Strand?
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| Wer schickt denn hier die Castortransporte durch das Land?
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| Und wer ist wiedermal an allem Schuld? |
| Na klar, der Marder!
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| Wem gehört das ganze hier, dir oder mir?
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| Wer von uns war überhaupt als erster hier?
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| Nur, daß du aufrecht gehst hat noch gar nichts zu bedeuten
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| Ich will auch gar nicht lange mit dir diskutier‘n
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| Nur so viel: Du kannst dir wirklich gratulier‘n
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| Wir Marder kommen nämlich nur zu netten Leuten!
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| Und du könntest tatsächlich einer von uns sein
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| Mit deinen blanken, schwarzen Knopfäuglein
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| Mit deinen flinken Fingerchen hast du echt was vom Marder
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| Mit deinem vorwitzigen Schneidezahn
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| Dem kurzen Fell, dem spitzen Riechorgan
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| Bist du wie einer von uns, nur eben einen kleinen Tuck reinharder!"
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| Rausekeln kann ich ihn nach diesen Worten ja wohl schlecht
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| Und wo er recht hat, tja, da hat er recht
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| Und so wohnt er bei mir mit seiner Frau und seinen Kindern
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| Wir nennen es ein Mensch-Tier-Wohnprojekt
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| Wir begegnen einander mit Respekt
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| Zwischen Dach und Haus, Bremsschläuchen und Zylindern
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| Und wenn du mich demnächst einmal besuchst
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| Und beim festlichen Candelight-Dinner fluchst:
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| «Was ist das auf dem Teller für ein Haar da?»
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| Dann denk, daß du eine Glückspilzin bist:
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| Der Teller, von dem du grade ißt
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| Gehört nämlich eigentlich meinem Marder!
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| Und bleibst du über Nacht bei mir
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| Fühl dich geborgen in meinem Arm, denn das Tier
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| Ist ein Schutzengel und immer unsichtbar da:
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| Und wenn es über uns rumort und kracht
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| Küss ich dich zärtlich: Gute Nacht!
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| Schlaf ruhig ein, denn über allem wacht der Marder!
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| Schlaf ruhig ein
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| Du kannst ganz sicher sein
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| Wir sind nicht allein
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| Über uns zwein
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| Da wacht mein
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| Marder! |