| Warmherzig, großzügig und liebevoll, stets die helfende Hand
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| Gütig, klug und aufgeschlossen, aufopfernd und tolerant
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| Stets ein offnes Ohr für Jedermann und -Frau und jederzeit
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| Immer Vorbild, immer selbstlos in stiller Bescheidenheit!
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| Zu gern wüsst ich, wer dies Prachtexemplar eines Menschen ist
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| Nur leider hat er sich grad' durch friedliches Ableben verpisst
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| Und dies ist kein Bewerbungsschreiben für den Job des Ersatzheil‘gen der Stadt
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| Ich studier' nur grad' die Traueranzeigen im Sonntagsblatt
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| Das Erfund‘ne und das Wahre
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| Von der Wiege bis zur Bahre
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| Das eröffnet sich beredt
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| Dem, der sie zu lesen versteht
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| Auf den Punkt gebracht, gebündelt, im Telegrammstil kurz und knapp:
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| Das wahre Leben, das wahre Leben spielt sich doch in den Todes-anzeigen ab!
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| Während ich darüber nachdenk', entdeck' ich das Phänomen
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| Dass von allen Menschen immer nur die guten Menschen geh’n
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| Nur die edlen, nur die klugen, nur die mutigen, wie jeder weiss
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| Nur die Vorbilder entschlafen viel zu früh und sanft und leis
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| Nur die Guten treten ab und das heißt unabänderlich:
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| Es bleiben nur die Ekel übrig, Leute so wie du und ich
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| Nur die Schweine leben ewig, aber das erklärt konkret
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| Warum hierzulande alles langsam den Bach runter geht!
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| Da steh’n Lügen und Intrigen
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| Dass die Sargbretter sich biegen
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| Der Tote sich im Grab umdreht
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| Für den, der zu lesen versteht
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| Auf den Punkt gebracht, gebündelt, im Telegrammstil kurz und knapp:
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| Das wahre Leben, das wahre Leben spielt sich doch in den Todes-anzeigen ab!
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| Oder hat man je gelesen: «Der war längst fällig!» |
| oder gar
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| Dass der teure Heimgegangene ein schlimmer Stinkefinger war?
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| «Widerwärtig bis zum Ende, Zwietracht war sein Lebenswerk
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| Ein Geschwür, ein Spielverderber, ein giftiger, böser Zwerg
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| Ewig hat der Sack genörgelt, hat uns jeden Spaß verpatzt
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| Endlich und viel zu spät ist die alte Ratte abgekratzt
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| Endlich hat der Sensemann der Zecke den Rüssel gekappt
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| Hat ihm die Lampe ausgeschossen und die Hufe hochgeklappt!»
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| Das Gereimte und Geschleimte
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| Niederträchtig Abgefeimte
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| Schön verpackt in Pietät
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| Für den der zu lesen versteht
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| Auf den Punkt gebracht, gebündelt, im Telegrammstil kurz und knapp:
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| Das wahre Leben, das wahre Leben spielt sich doch in den Todes-anzeigen ab!
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| So leg ich vorsorglich fest, was eines Tags in meiner steht
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| Dass mein letztes Inserat nicht auch noch in die Hose geht
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| Ich will kein «teurer Verblich‘ner» und kein «Heimgeruf‘ner» sein
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| Ich will nicht noch ‘nen Verriss, ich will keine Lubhudelei‘n
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| Nicht, dass noch Mike Krüger Candle-in-the-Wind-mäßig zum Schluss
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| «Mein Gott Walter» für den traurigen Anlass umdichten muss!
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| Ich mach‘s kurz und ich mach‘s schmerzlos, ich mach‘s preiswert und ich grüß‘
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| Alle die‘s am Sonntag lesen mit zwei Worten: und tschüs! |