| In der zugigen Markthalle, die auf meinem Schulweg lag,
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| War ein kleiner Plattenladen, bei dem lief den ganzen Tag
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| Ein Zehn-Schellack-Plattenwechsler, und dabei war auch ein Lied,
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| So ein Lied, wo es dich packt, dass du nicht weißt, wie dir geschieht.
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| Und da stand ich starr und hörte und mir blieb gar keine Wahl:
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| Ich musst' es wieder hör'n und wieder und nochmal und noch einmal.
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| Aber dafür hieß es warten: Zehn Lieder hin und zehn zurück,
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| Jedesmal 'ne knappe Stunde für knapp drei Minuten Glück.
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| Das gab Ärger in der Schule, doch ich hab' mich nicht beschwert,
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| Die Musik war all die Nerverei und alle Schläge wert!
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| Gib mir Musik! |
| Alles Gemeine ist verklungen,
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| All die Hänselei'n, die Mißerfolge, die Demütigungen.
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| Die bitt’re Niederlage ist in Wirklichkeit ein Sieg.
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| Gib mir Musik!
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| In der ersten Frühmaschine zwischen Frankfurt und Berlin,
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| Eingekeilt zwischen zwei Businessmen, das Frühstück auf den Knie’n,
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| Den Walkman auf den Ohren, die Musik ist klar und laut,
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| Und ich wag' es kaum zu atmen, und ich spür' die Gänsehaut,
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| Wie ein mächt'ger Strom von Wärme mich mit der Musik durchfließt,
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| Wie mir plötzlich, unwillkürlich Wasser in die Augen schießt.
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| Und ich weiß ich hab' natürlich kein Taschentuch im Jackett,
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| Und ich wein' einfach drauflos und auf mein Frühstückstablett.
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| Links und rechts die Nadelstreifen und ich heulend mittendrin.
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| Ob die Guten sich wohl vorstellen können, wie glücklich ich bin?
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| Gib mir Musik, um mir ein Feuer anzuzünden,
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| Um die dunklen Tiefen meiner Seele zu ergründen,
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| Meine Lust und meine Schmerzen, Narben, die ich mir selbst verschwieg.
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| Gib mir Musik!
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| In die leere Hotelhalle heimwärtsstolpern, nachts um drei.
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| Noch ein Abend voller Lieder, noch ein Fest ist jetzt vorbei.
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| Der Portier döst hinterm Tresen, soll es das gewesen sein?
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| Noch ganz kurz zusammensitzen, das letzte, letzte Glas Wein…
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| Und jetzt steht da dies Klavier und Manni rückt den Sessel ran,
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| Streicht ganz sacht über die Tasten, fängt zu spielen an und dann
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| Läßt er Töne funkeln, perlen und wie Sternenstaub aufweh’n,
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| Läßt die Melodien fließen, läßt kleine Wunder gescheh’n.
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| Und er rührt dich und er schürt dich und zerreißt dich Ton für Ton,
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| Bis du glaubst, dein Herz zerspringt in einer Freudenexplosion!
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| Gib mir Musik! |
| Die Träume, die längst aufgegeben,
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| Verschüttet in mir verdorr’n, beginnen wieder aufzuleben,
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| Und ich weiß, dass ich jede verlor’ne Chance noch einmal krieg'.
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| Gib mir Musik! |