| Spoken:
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| Es war an einem Morgen im Frühjahr, als ich meinen ersten Anfall bekam.
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| Ich hatte so’n bisschen über mich und das Leben nachgedacht, als mir plötzlich
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| speiübel davon wurde und Irgendwas drückte mir den Hals so zu, dass ich dachte
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| ich müsste ersticken
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| Ich stürzte auf die Straße, schnappte wie ein Irrer nach Luft aber es kam noch
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| viel schlimmer. |
| Mir wurde schwindelig, ich drehte mich zehn Mal um mich selbst
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| und dachte alle Leute zeigten mit den Fingern auf mich, bis ich dann merkte,
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| dass ich gar nichts anhatte
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| Ich rannte und rannte, fand dann irgendein offenes Parterrefenster,
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| kletterte rein und verkroch mich, zitternd vor Angst und Kälte in irgendeine
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| Ecke
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| Es dauerte eine ganze Weile, bis ich merkte, dass ich mich in einem Trödelladen
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| befand. |
| Der ganze Raum hing voll mit alten Klamotten und ich zog mir sofort
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| eine Pluderhose, Stulpenstiefel und ein Kettenhemd an, hängte mir noch 'ne alte
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| Armbrust über die Schulter und fühlte mich augenblicklich wieder gelassen und
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| unangreifbar
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| Ich marschierte über die Straße und stand dann plötzlich vor dem
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| Personaleingang des Kaufhauses, wo ich bis dahin die Papierverbrennungsanlage
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| bedient hatte. |
| Als ich das sah, wurde mir schlecht vor Wut, ich rannte den
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| Pförtner über den Haufen, riss sämtliche Telefonkabel ab, brach die Stempeluhr
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| aus der Wand und tobte weiter in die Verkaufsräume
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| Als ich in die Spielwarenabteilung kam, stand der erste Verkäufer wieder mal,
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| von einem Stützpfeiler halb verborgen, auf ner Leiter, um die Kinder beim
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| Klauen besser erwischen zu können. |
| Die liefert er dann immer der
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| Geschäftsleitung aus und kassierte dicke Prämien pro Nase. |
| Sein dreckiges
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| Grinsen, als er mich sah, brachte mich so auf, dass ich, ohne zu zielen meine
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| Armbrust auf ihn abdrückte und der Bolzen fuhr ihm dicht am Hals vorbei,
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| durch den Anzugkragen und nagelte ihn am Pfeiler fest. |
| Ich trat die Leiter
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| unter ihm weg und ließ ihn da hängen wie’n Schluck Wasser. |
| Und während er
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| zappelte und schrie, schmiss ich eine Stellage nach der anderen um und
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| verteilte das Spielzeug unter die Kinder
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| Und mitten im größten Tumult tauchte der Chef des Hauses auf und zischte mich
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| an: «Was machen Sie denn da? |
| Sofort kommen Sie mit in mein Büro, Sie Idiot!».
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| Ich spannte nur meine Armbrust und sagte: «Leck mich doch am Arsch,
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| du Motherfucker! |
| Hände hoch und vorwärts!». |
| Da sah er den Verkäufer am Pfeiler
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| baumeln und wurde leichenblass. |
| Ich schubste ihn in den Lastenfahrstuhl ohne
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| dass die Kunden deswegen stutzig wurden, die das ganze für 'ne Werbeaktion
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| hielten, fuhr mit ihm in den Keller runter in die Papierverbrennung und gab ihm
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| einen Tritt und er flog durch das riesige Ofenloch, mitten ins Feuer und als
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| draußen die Polizeisirenen heulten, war schon nichts mehr von ihm übrig
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| Ich rannte nach draußen, warf die Armbrust weg, schwang mich auf ein
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| herrenloses Damenfahrrad und jagte quer durch die City zum Ortsausgang und nach
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| einer Stunde Fahrt fiel ich halbtot vor Erschöpfung vom Rad und schlief unter
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| einem Gebüsch ein. |
| Am nächsten Morgen war es eisig kalt und mit der Kälte kam
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| die Angst. |
| Ich hatte eine Führungskraft umgebracht! |
| Jetzt würde man mich
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| überall suchen und hetzen! |
| Und in meiner Panik wühlte ich mich immer tiefer und
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| tiefer in den Wald und gegen Mittag fand ich einen verlassenen Luftschutzbunker.
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| Die Tür war offen und in einer Ecke lag eine Maschinenpistole in Ölpapier
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| gewickelt und eine Kiste Munition. |
| Ich setzte die Waffe zusammen.
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| Sie funktionierte und ich fühlte mich sofort wieder unbesiegbar.
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| Ich beschloss, mich im Bunker einzurichten und mir gleich Vorräte zu
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| beschaffen, um in der Illegalität überleben zu können
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| Und noch am selben Tag knackte ich drei Banken. |
| Ich zwängte mich jedes mal mit
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| dem Fahrrad durch die Tür, drehte eine Runde im Schalterraum, feuerte mit der
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| MP in die Decke, dass der Kalk nur so spritzte und schrie: «Ich bin der
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| Rattenfänger von Hameln, wo sind hier die Mäuse?!»
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| Und als ich auf diese Weise 100.000, — Mark zusammen hatte, ging ich noch
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| schnell in Supermarkt einkaufen und erreichte dann auf Schleichwegen wieder |
| meinen Bunker
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| (Guitar Interlude)
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| Ich blieb so lange unsichtbar, bis keine Zeitungsmeldungen über mich mehr
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| erschienen, beschaffte mir dann so nach und nach alles was ich brauchte und
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| verlebte ein paar sehr ruhige Monate. |
| Ich pflanzte Hanf im Blumenpott,
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| rauchte ab und zu einen Joint und schaukelte bei sonnigem Wetter in meiner
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| Hängematte und hörte — die MP auf dem Bauch — die Hitparade im Kofferradio und
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| war glücklich. |
| Aber wie alle glücklichen Leute, nach 'ner Weile schon nahe am
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| Verblöden und um dem entgegenzuwirken, schrieb ich zentnerweise Leserbriefe und
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| badete ab und zu in einem eingezäunten See, der in der Nähe lag und der dem
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| Tankerkönig gehörte
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| Eines Mittags also — ich saß da ganz ruhig mit meiner MP im Wasser — stand da
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| plötzlich einer vor mir in Hemdsärmeln, grüner Schürze, Strohhut,
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| Spaten über der Schulter und meinte, das wäre Privateigentum, wo wir denn
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| hinkämen, wenn das Alle machen würden. |
| Ich sagte: «Ja, wenn das Alle machen
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| würden, dann wäre der Tankerkönig bald weg vom Fenster mit Blick auf den See».
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| Ich fragte ihn ob er es denn nötig hätte, als Gärtner für den Tankerkönig den
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| Büttel zu machen. |
| Meint er doch: «Ich bin nicht der Gärtner, ich bin der
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| Tankerkönig!». |
| Ich sagte: «Das ist doch nicht zu fassen, den Gärtner entlassen,
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| die Dahlien selber begießen und das Geld für sie arbeiten lassen!
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| Damit ist jetzt Schluss!!». |
| Ich wollte sofort abdrücken, brachte es dann aber
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| dann doch nicht fertig und stattdessen zwang ich ihn einen Joint zu rauchen,
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| so groß wie’n Ofenrohr. |
| Und ich sagte: «So! |
| Und jetzt will ich mal sehen,
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| wie Milliardäre so leben!»
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| Wir gingen die paar hundert Meter bis zu seiner Villa und als wir ankamen war
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| er schon so high wie’n Weltmeister. |
| Er taumelte vor mir her in eine riesige
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| Diele auf eine erlesene Sitzecke zu, wo die Tankerkönigin saß und döste.
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| Und so’n Hündchen im Arm, mit blauer Schleife und rosa Arschloch und sie
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| murmelte ohne die Augen zu öffnen: «Rudi, bist du’s? |
| Denk dir, Ari Onassis hat
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| uns eingeladen zur Safari!». |
| Der Tankerkönig glotzte seine Frau erst an als
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| wenn er gar nichts begriffen hätte, fing dann an um sie rumzutanzen,
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| äffte ihre Stimme nach: «Mit Ari auf Safari!». |
| Die Tankerkönigin riss die
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| Augen auf, sah uns und flüchtete kreischend die Treppe rauf. |
| Der Tankerkönig
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| angelte sich die antike Streitaxt von der Wand und, Ari Safari, hinterher
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| Da dachte ich: «Das Schauspiel guckst du dir von draußen an!» |
| und ich setzte
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| mich in die Hollywoodschaukel. |
| Da sah ich auch schon den Tankerkönig aus der
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| Dachluke kriechen. |
| Die blutige Axt in der Hand breitete er die Arme aus,
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| sprang und landete — klatsch — direkt vor meinen Füßen. |
| Ich ging erst mal
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| zurück zum Bunker und legte mich schlafen
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| Am nächsten morgen hörte ich dann die Nachrichten. |
| Die halbe Welt stand Kopf.
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| Es war auch von mir die Rede. |
| Die Tankerkönigin hatte ausgesagt.
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| Ihr Mann hatte mit seiner Axt nicht sie, sondern nur das Hündchen erschlagen
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| und man sprach von einer wirtschaftspolitischen Katastrophe, die der Tod des
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| Tankerkönigs ausgelöst hätte. |
| Und weiter hieß es, die gesamte Landespolizei und
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| eine Bundeswehreinheit beteilige sich mit Suchhunden und Peilgeräten,
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| Hubschraubern und Panzern an der Fahndung nach dem geisteskranken Mörder mit
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| dem Kettenhemd und den Stulpenstiefeln. |
| Mir wurde ganz mulmig zumute und ich
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| verrammelte die Bunkertür hinter mir und traute mich wochenlang nicht mehr raus
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| Nach einer Weile fühlte ich mich so elend und einsam, dass ich schon anfing mit
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| mir selbst zu reden. |
| Ich brauchte unbedingt einen Menschen mit dem ich sprechen
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| konnte! |
| Aber einen der das mit dem Tankerkönig auch verstehen würde!
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| Und ich kannte keinen. |
| Aber dann hatte ich die Idee: Wenn schon kein Lebender
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| da war, warum sollte ich dann nicht mit einem Toten reden. |
| Also schlich ich
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| mich gegen Mitternacht aus dem Wald in den nächsten Ort. |
| Ich kannte da ein Haus
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| in dem regelmäßig spiritistische Sitzungen stattfanden
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| Und ich hatte auch Glück, die Sitzung war schon im vollen Gange.
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| Ich stieß die Tür mit dem Fuß auf, die MP in der Hand und rief: «Nur keine Panik meine Herrschaften und Hände auf den Tisch!». |
| Aber kaum hatten |
| die die Hände auf der Platte, fing der Tisch an zu wackeln, hob sich wie von
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| selbst und schwebte dann einen Meter überm Fußboden. |
| Ich sagte: «Kinder,
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| macht doch keinen Quatsch, Hände hoch übern Kopf!» |
| Sofort flogen die Hände in
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| die Luft und der Tisch krachte wieder auf den Boden und ich sagte.
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| «So, wer von euch ist hier der Ober-Druide? |
| Macht mir mal 'ne Verbindung mit
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| Ché Guevara, ich möchte jetzt endlich mal mit einem vernünftigen Menschen reden!
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| Erst wussten die gar nicht so richtig, wen ich da meinte, gaben sich aber sehr
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| viel Mühe und endlich knackte es in der Leitung und ich hörte Ché Guevaras
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| Stimme: «Was wollt ihr von mir?». |
| Ich sagte wer ich war und was ich angerichtet
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| hatte und dass ich einen Rat brauchte. |
| Und die Stimmer fragte mich etwas
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| ärgerlich, was das denn sollte und ob ich denn noch nie was von organisiertem
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| Klassenkampf gehört hätte. |
| Ich sagte nee, hätte ich nicht. |
| Die Stimme schwieg
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| einen Augenblick und sprach dann wesentlich freundlicher und tröstender weiter:
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| Ja da wäre mir nur sehr schwer zu helfen, ich wäre krank und ich sollte mal am
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| besten zum Psychoanalytiker gehen
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| Total deprimiert kroch ich zurück zum Bunker, als ich schon von weitem die
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| Blechbüchsen klappern hörte die an dem Alarmdraht hingen, den ich um mein
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| Versteck gespannt hatte. |
| Vor Schreck an allen Gliedern zitternd ging ich dann
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| hin und sah einen VW da stehen, mit einem nackten Pärchen auf dem Vordersitz.
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| Die Stoßstange hatte sich in der Alarmleitung verhakt, so dass die
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| Blechbüchsen unausgesetzt schepperten
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| Ich war so empört, dass ich dem Kerl die MP in den Rücken bohrte und ihn
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| anschrie: «Sofort aufhören, das ist doch 'ne Schweinerei! |
| Weit und breit die
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| unberührteste Natur und Sie machen hier solche Verrenkungen in Ihrer stinkigen
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| Kiste. |
| Aber sofort raus in die Glockenblumen!». |
| Der arme Mann jammerte mir die
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| Ohren voll: «Warum haben Sie uns so erschreckt? |
| Meine Bekannte hat’n Krampf und
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| jetzt hängen wa fest!» |
| Das hatte mir gerade noch gefehlt
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| Wir berieten erst mal ne Weile darüber, was wir da machen könnten und dass es
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| das beste wäre, der Braut mit 'ner Nadel in den Schenkel zu stechen,
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| so als Gegenschock, aber natürlich hatte keiner 'ne Nadel dabei.
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| Mir dauerte das Alles zu lange, ich sagte: «Schluss jetzt! |
| Wenn ihr die Nadel
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| haben wollt, müsst ihr schon die hundert Meter zum Nähkästchen robben».
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| Die Operation gelang dann auch. |
| Und erst als die beiden den Bunker wieder
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| verlassen hatten, wusste ich, dass ich einen furchtbaren Fehler begangen hatte. |