| In kalter Nacht voll Silbermond
|
| Der Eule Schrei klang weit…
|
| Das Mädchen fand wohl keinen Schlaf
|
| Griff Mantel sich und Kleid
|
| Ging fort, weit in die Dunkelheit
|
| Der Warnung unbedacht, dass:
|
| «…Geisterstimme heller Klang voll Unheil füllt die Nacht…»
|
| So kam sie an des Berges Fuss
|
| Im Feenmonden Licht
|
| Als ferner Stimme Lied erklang
|
| Dass klagend Herz zerbricht
|
| Und sah durch Schatten, silberweiss
|
| Der Sängerin Gestalt:
|
| So zart, wie heller Morgengrau
|
| Doch Augen, still und kalt
|
| Fern aller Zeit, der Seele Geleit
|
| Der Einsamkeit klang im stillen Gesang…
|
| Das Lied verklang im Nachtwinds Flug
|
| Die Sängerin schwieg still
|
| Nur eine Träne, stumm geweint
|
| Sprach, was sie singen will
|
| Das Mädchen war so tief berührt
|
| So sprach sie: «bleib nicht stumm
|
| Denn Euer Lied erfüllt mein Herz
|
| Weiss ich auch nicht warum!»
|
| Die Sängerin trat zu ihr hin
|
| Bang hoffend schien ihr Blick
|
| Griff schüchtern nach des Mädchens Hand…
|
| Nun gab es kein Zurück
|
| Sie sang ein Lied für sie allein
|
| Die folgte still gebannt
|
| Der Sängerin den Berg hinauf
|
| Zur höchsten Klippe Rand
|
| Fern aller Zeit, der Seele Geleit
|
| Der Einsamkeit klang im stillen Gesang…
|
| Dort sang die Sängerin ihr Lied
|
| Von dunkler Schicksalsnacht
|
| Die, wohl vor mehr als hundert Jahr’n
|
| Ihr tiefste Not gebracht:
|
| Ein junger Mann schwor ihrem Herz
|
| In früher Liebe Glück…
|
| Doch ihres Vaters blinder Hass
|
| Verwehrte dies Geschick
|
| Er schrie: «niemals im Leben
|
| Sollt ihr Euch ganz gehör'n»
|
| So planten sie im frühen Tod
|
| Die Liebe zu beschwör'n
|
| Doch war der Fluch des Vaters arg
|
| Erreichte sie selbst dort
|
| Er trennte ihrer beide Seelen…
|
| Verbannte sie an diesen Ort
|
| Fern aller Zeit, der Seele Geleit
|
| Der Einsamkeit Klang im stillen Gesang…
|
| Noch immer hielt die Sängerin
|
| Das Mädchen bei der Hand
|
| Als tränenblind sie übertrat
|
| Der hohen Klippe Rand
|
| Doch hörte sie ein Lied als schon
|
| In der Tiefe sie verschwand:
|
| «Hab' Dank, mein Kind, denn nur Dein Tod
|
| Zerbrach des Fluches Band!»
|
| Fern aller Zeit, der Seele Geleit
|
| Der Einsamkeit Klang im stillen Gesang… |